Dienstag, 7. Juli 2009

Tipps für eine Atlantiküberquerung

Anfrage: Gabi und Franz aus Bremen fragen nach der optimalen Vorbereitung und Durchführung einer Atlantiküberquerung von Gran Canaria in die Karibik.

Antwort: Zuerst einmal die nautische Ausrüstung: Einen GPS-Empfänger hat inzwischen wohl schon jeder an Bord, über weitere Instrumente zur Ortsbestimmung verfügen aber die wenigsten. Auch meine beiden Sextanten dienen heute nur noch einem dekorativen Zweck in der Wohnstube, weil das Jahrbuch für die HO-Tafeln teurer ist als ein kleiner Garmin als Zweitgerät in der Schublade.

Trotz GPS gehört ein guter und kompensierter Kompass an Bord, ebenso ein Peilkompass.

Ein erprobter Autopilot gehört ebenfalls zur Standardausrüstung. Hier gibt es zwei grundsätzliche Unterschiede, mechanisch oder elektrisch betrieben. Der mechanische ist meist ein Riesending am Heck, der elektrische frisst besonders bei schlechtem Segeltrimm eine Menge Strom. Alle funktionieren sie aber irgendwie und wenn Ihr schon einen habt, der Eure Batterie nach 3 Wochen Betrieb nicht leerlutscht, wird er Euch auch über den Teich bringen. Unsere “Albatros” war mit einem mechanischen Autopiloten vom Typ “Sailomat” (mit Pendulum und Hilfsruder) ausgerüstet und einem einfachen elektrischen fürs Motoren in der Flaute. Die “Sitting Bull” dagegen war durch die zwei hintereinander liegenden Schwerter und das Gaffel-Schonerrigg so unglaublich gut zu trimmen, dass ein elektrisch betriebener Autopilot voll ausreichte. Wegen einer Störung beim Autopiloten sind wir von Gran Canaria bis Recife sogar ganz ohne ausgekommen und konnten Nachts schlafen. Etwas mehr Kontrolle und öfter eine Korrektur, mehr nicht. Man muss sowieso erst einmal lernen, die Segel so zu trimmen, dass der Autopilot nicht kämpfen sondern nur helfen muss.

UKW-Funkanlage ist unverzichtbar, SSB – Funk würde ich jedem empfehlen (ich hoffe, Ihr habt das Funksprechzeugnis und die Geräte sind zugelassen) EPIRP ist ein Muß, möglichst der mit GPS. Ich hatte immer noch zusätzlich einen kleinen in der Rettungsinsel.

Darauf achten, wann die Rettungsinsel zuletzt gewartet wurde. Die nächste Wartung sollte erst fällig werden, wenn Ihr wieder zurück seid. Die Rettungswesten ebenfalls vom Fachbetrieb warten lassen.

Wenn der Geldbeutel es hergibt, würde ich unbedingt eine Radaranlage empfehlen. Mir reicht ein ganz normales Gerät, ohne Kartenplotter und all das Gedöhns rundherum. Ich brauche meine Seekarte, meinen Zirkel und mein Kursdreieck. Da darf schon mal die Stromversorgung ausfallen, und ich weiß immer noch wo ich bin, besonders wenn ich meinen kleinen batteriebetriebenen Garmin aus der Schublade holen kann.

Klar, dass Ihr auch ein Echolot habt.

Überprüft das stehende Gut auf etwaige Bruchstellen, besonders die Wanten und Stagen im Bereich direkt am Spanner. Wenn Ihr Euch nicht sicher seid, fragt einen Fachmann. Wenn die Segel schon etwas älter als zwei bis drei Jahre sind, würde ich sie zur Überprüfung und wenn nötig zum Nachnähen zum Segelmacher bringen.

Weil ich für Euch hoffe, dass der Passatwind Euch rüberpustet, empfehle ich die Anschaffung von Passatsegeln, zumindest aber eines schwereren Blisters mit Spi-Baum zum Ausbaumen. Rechnet damit, dass der Passatwind auch mal auf 30 kn auffrischen kann und dann bei 8 kn Fahrt mit 22 kn in die Segel drückt. Meistens bläst er aber bis zu 25 kn.

So eine Überfahrt dauert im Schnitt um 21 Tage. Richtet Euch bei der Verproviantierung einschließlich Bier (bitte nicht mehr als zwei Flaschen den Tag) und Zigaretten (wenn es unbedingt sein muß) notfalls aber auf 6 Wochen ein. Ich kenne Leute, welche wegen widriger Umstände noch länger unterwegs waren. Dass Ihr bei der Auswahl der Lebensmittel und deren Lagerung auf die mögliche Verderblichkeit achtet, ist klar. Corned Beef und Nudeln waren bei uns immer reichlich an Bord. Sofern man das Wasser im Tank nur zum Trinken und Kochen gebraucht und zum Abwaschen und anderen Reinigungen Seewasser, kommt man zu zweit mit täglich 10 – 15 Litern aus, und wenn man merkt es wird knapper, mit weitaus weniger. Nicht alles Frischwasser in nur einem Tank mitführen. Mindestens zwei durch Ventile getrennte Tanks geben die erforderliche Sicherheit. Das Auffangen von Regenwasser in extra dazu angefertigten Planen hat fast immer zu einer ausreichenden Versorgung gereicht. In der Karibik kann man fast täglich mit einem kurzen aber kräftigen Schauer rechnen.

Vergesst nicht eine gut eingerichtete Bordapotheke, denkt dabei an mögliche Durchfallerkrankungen, Schmerzen auch stärkerer Art, Fieber und Hilfsmittel bei Verletzungen, Verbandzeug und Pflaster. Ich bin als Laie nicht befugt, hier bestimmte Medikamente zu empfehlen. Dehlius & Klasing und andere auf die Sportschifffahrt ausgerichtete Verlage bieten hierzu von Medizienern verfasste Broschüren an, welche Sie sich besorgen sollten. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über mögliche Impfungen. Eine Grippeimpfung wäre immer angebracht.

Für die Überfahrt braucht Ihr zumindest in der ersten Woche auch bei gutem Wetter nachts warme Segelkleidung. Danach kann man sie zumeist einmotten für den Törn zurück.

Jetzt braucht Ihr nur noch die Tanks voll zu machen und dann geht es los. Nehmt reichlich Motorenöl mit, mindestens für 4 Ölwechsel. Wenn es der Teufel will und Ihr kriegt Wasser in die Maschine, müßt Ihr danach mindestens 3 mal das Öl wechseln. Wie kriegt man denn Wasser in die Maschine? Ganz einfach. Wenn der Motor nicht anspringen will und man nudelt eine Weile mit dem Anlasser ohne dabei das Seeventil für das Kühlwasser zu schließen, wird erst der Wassersammler und das Abgasrohr durch die laufende Seewasserpumpe vollgepumpt und schon läuft das Seewasser durch die Abgasventile in den Motor.

Abschließend noch ein paar Tipps für den Törn selbst:

Vermeidet das gemeinsame Segeln in einem Pulk von Seglern. Ihr habt Euer Schiff so ausgestattet, dass Ihr unterwegs bei normalem Wetterablauf keine Hilfe vom Nachbarn braucht. Bei einem Sturm kümmert sich erfahrungsgemäß jeder erst einmal um sein eigenes Schiff. Selbst wenn Euer Mast über Bord geht ( was er nicht tut, wenn Ihr das Rigg vor der Abreise gescheckt und das Reffen nicht vergessen habt), hilft Euch keiner, denn die Segler welche das Segeln im Pulk bevorzugen und sogar noch Geld dafür bezahlen, dürften durchweg keine allzu erfahrenen Hocheesegler sein und bei etwas steiferer Brise bereits ans eigene Überleben denken. In der Nacht stören andere Lichter. Man ist dann dauernd nur am beobachten, welches Licht zu einem im Pulk segelnden Schiff gehört, und bei welchem es sich um ein entgegenkommendes oder den eigenen Kurs kreuzendes anderes Fahrzeug handelt. An eine genüßliche Wache unter südlichem Sternenhimmel ist da nicht mehr zu denken.

Gönnt Euch dieses unglaublich schöne Erlebnis, allein auf hoher See zu sein, mit vollen Segeln vor dem Passatwind, Nachts unter hellem Sternenhimmel, am Tage unter strahlender Sonn

1 Kommentar:

  1. Hallo Heidi und Theo
    Ihr habt eine sehr informative Site. Wir planen ebenfalls eine längeren Törn und möchten natürlich auch die Kosten im Griff haben. Deshalb unsere Fragen; mit welchem Kostenrahmen muss gerechnet werden? Habt Ihr unterwegs gearbeitet?
    Besten Dank und viele Grüsse
    Peter und Silvia

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